„Also, du musst ihn füttern, ihm Wasser hinstellen, oh ja, und die Kiste mit dem Sand ist besonders wichtig. Um die musst du dich mindestens einmal am Tag kümmern ... Wie? Keine Sorge, das vergisst du nicht. Und rede viel mit ihm. Immer schön langsam. Und das Streicheln darfst du auch nicht vergessen. Das ist wichtig für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Noch was ... Hab ich die Sandkiste erwähnt? ...“
Das waren die letzten Worte, die ich von Old Lady hörte, bevor sie mich mit diesem ... Menschen ... alleine ließ.
Was bitte sollte ich mit ihm anfangen? Und wo war ich überhaupt?!
In diesem Weidenkorb sah man ja rein gar nichts.
Nicht, dass ich große Lust hatte, mir ausgerechnet jetzt die andere Seite des Weidengeflechts genauer anzusehen. Wisst ihr, liebe Kätzlein und Katerchen, liebe Mädchen und Jungen, ich schätze mein Zuhause und meine Gewohnheiten. Jeder Neugierige braucht stets etwas, wohin er nach den Abenteuern zurückkehren kann. Doch zu Abenteuern kommt man nicht in einem Weidenkorb.
Man muss sie schon anderswo und gefälligst selbst entdecken!
Sollte ich jedoch irgendwann beschließen, mein Abenteuer jenseits von Körbchen und Kuschelkissen zu entdecken, so lag diese Entscheidung immerhin in meinen Pfötchen.
„Erhem ...“, sagte jemand.
Ich tat, als wäre ich nicht da.
„Äh ... Hallo ...“, sagte wieder jemand.
Ich schob mein Hinterteil in die hinterste Ecke des Körbchens. Das Kissen unter mir raschelte leise.
„Nun ... Äh ... Willst du nicht rauskommen?“, fragte jemand.
Ich schwieg protestierend.
„Hier sind Futter ... Wasser ... eine Sandkiste … Wofür soll die eigentlich gut sein? Oh, und hier ist auch ein Kissen.“
Ich hörte etwas rascheln und spitzte die Ohren.
„Ich weiß, die Füllung knistert ein bisschen. Das ist wohl wegen des Strohpolsters, denke ich. Aber für dich ist es bestimmt in Ordnung.“
Es raschelte erneut.
Ich kann nicht sagen, was es war. Diese ständig redende Stimme machte es mir nicht leicht, mich darauf zu konzentrieren. Aber das Rascheln gefiel mir, faszinierte mich, weckte meine Neugier ...
Das war es! Ich hatte mein nächstes Abenteuer gefunden.
„Weißt du, ich habe ja nichts dagegen, wenn du alleine bleiben willst ...“, sprach jemand verunsichert.
Knicks. Das Weidengeflecht knackte unter meinen Pfoten.
Jemand verstummte und – so viel ahnte ich bereits – er beobachtete mich.
Aber meine Neugier war geweckt. Ich kroch die Weidenwand empor, zum Deckel hoch. Tippte diesen sanft mit meiner Pfote an. Nichts geschah.
Ich tippe erneut dagegen, wieder nur kurz und dennoch stärker, bis der Deckel sich hob und klappernd auf das Körbchen fiel. Sonst passierte nichts.
Jemand beobachtete mich weiterhin.
Was solls – ich schob meinen Kopf nach oben.
Jemand schnappte angespannt nach Luft und bewegte sich. Da, noch so ein Rascheln!
Ich sah hoch. Der Spalt war schmal, doch sehen konnte ich genug.
Da war er, der Mensch mit dem Hut – nur, dass der Hut gerade fehlte.
Gebannt starrte ich ihn an. Hilflos guckte er zurück.
„Äh ... Hallo?“, sagte er.
Er war also der Jemand, der die ganze Zeit geredet hatte, und wundersamer Weise verstand ich sogar, was er zu mir sagte.
Ich beobachtete ihn, jede noch so winzige Veränderung seiner Miene und jede noch so unbedeutende Geste.
„Hier ist Futter.“ Der Mensch mit ohne Hut schob eine kleine Schale mit Wurstenden in meine Richtung.
Ich schnupperte aus meiner sicheren Position im Körbchen an der Duftnote, beschloss vorerst jedoch keinen Hunger zu haben.
„Hier ... ist Wasser.“ Er schob ein Schälchen mit klarem, flüssigen Inhalt auf mich zu.
Ich schnupperte erneut und entschied auch in diesem Fall keinen Durst zu haben ... Wo war nur ...
Der Mensch griff gerade nach einer großen mit Kiessand gefüllten Holzkiste.
„Hier ist ...“, begann er.
„Wo ist das Rascheln?“, unterbrach ich ihn voller Ungeduld.
Der Mensch mit ohne Hut sah mich mit großen Augen an. Er sah so aus, als würde ihm etwas bewusst. Dann griff er nach etwas.
Knistel, knicksel.
„Hd-d-d-d-da ... bi-bi-bi-bit-te!“
„Häh?“, sagte ich von dieser mir nun wieder fremden Sprache irritiert. „Oh, Entschuldigung“, verbesserte ich mich in Erinnerung an meine gute Erziehung.
„Wie-bitte? Ich-verstehe-deine-Sprache-nicht.“
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