„Mamiii, ich will ‘ne Miezekatze!“
„Mami, Mami, ich auch, ich auch!“
„Mami, ich hab die Miezekatze aber zuerst gewollt!“
„Mami, Mami, wenn sie eine kriegt, will ich auch eine haben!“
„Nein, ich krieg die Miezekatze!“
„Nein, ICH krieg die Miezekatze!“
„Nein, ICH krieg die Miezekatze!“
„Nein, ich!“
„Nein, ICH!“
„Nein, ICH!!
„MAMIIII?!!“
„Was für ... nette Kinder“, sprach Old Lady und rang sich ein mühsames Lächeln ab.
„Oh ... Ja. Ein Segen“, sagte die feine Frau mit dem großen Federhut und hob charmant ihre Mundwinkel.
„Mami!“, brüllte das kleine Mädchen erneut.
„Mami!“, tat es ihr der kleinere Junge nach.
„Kinder, beruhigt euch“, sprach die Frau gedehnt und seufzte. „Ihr sollt jeder eine Katze haben.“
„Ohh, das ist ... wunderbar“, meinte Old Lady und warf einen suchenden Blick in unsere – absolut katzenfreie – Spielecke. Nichts regte sich. Nichts bewegte sich. Alle (sogar Mama) hatten wir uns irgendwo versteckt oder verkrochen.
„Das trifft sich gut“, sprach Old Lady immer langsamer, „ich habe ... hier ein paar ... Kätzchen, die noch ein ... neues ... Zuhause ... suchen ... – Ja ... hier ... irgendwo ...“
„Ich will ein Mädchen!“, rief das Mädchen.
„Mami, ich will einen Jungen haben! Ich will kein Mädchen“, schrie der Junge.
„Kinder, ich habe das haargenau passende Kätzchen für jeden von euch“, sagte Old Lady schnell und mit offensichtlich gedämpfter Stimme. „Doch dafür, müsst ihr jetzt ganz leise sein. Sonst kommen die Kätzchen nicht.“
Die beiden Gören holten schon Luft, um noch lautstärker loszuheulen und zu protestieren.
Aber plötzlich hielten sie inne.
Old Lady hatte die spezielle Mimik aufgesetzt, mit der sie uns immer ihre Geschichten erzählte – außerdem begegnete sie jedem unangebrachten Laut mit ihrem unmissverständlichen Zeigefinger.
„Meine Kätzchen“, sprach sie sorgsam und Wort für Wort, „die Kätzchen aus meinem Haus sind nämlich Kätzchen der ganz besonderen Art.“
Schlagartig waren die beiden Gören stumm und glotzten wie tote Fische. Weder das Mädchen, noch der Junge wagten es, zu stören.
Old Lady hatte sie in ihrem Bann gefangen.
„Seid ihr lieb zu ihnen“, fuhr sie fort, „sind sie lieb zu euch. Seid ihr Freund zu ihnen, sind sie bester Freund zu euch. Hört ihr ihnen zu, bleiben sie an eurer Seite und sind da, wenn ihr sie braucht.“
Scharf atmete Old Lady ein. „Doch seid ihr zu laut, dann schweigen sie. Seht ihr nur euren eigenen Willen, werden sie auch euch nicht sehen. Und seid ihr zu ihnen gemein, so zahlen sie euch alles doppelt heim.“ Old Lady nahm sich Zeit für eine bedeutungsvolle Pause und sah sich jedes der Kinder einzeln an. „Versteht ihr, was ich meine?“
Der Junge und das Mädchen nickten stumm. Selbst die feine Dame nickte.
„Sehr gut“, flüsterte Old Lady und griff vorsichtig nach Kurti und dem kleinen Feechen. Vor lauter Neugier hatten sich die beiden als erste aus ihrem Versteck getraut.
„Zwei aufgeweckte Kätzchen für zwei gute, brave Kinder – ein Feechen und ein Kurti“, sprach Old Lady und reichte mein Schwesterchen an das Mädchen und mein Brüderchen an den Jungen weiter. Alle sahen sie einander an und dann zur feinen Dame.
„Mami?“, fragten die Kinder sanft und wie aus einem Mund.
„Oh ... schön“, sprach die Frau. „Old Lady, wir nehmen sie.“
Old Lady wusste wie keine andere, welches Herrchen und welches Frauchen genau zu ihren kleinen Schützlingen passte.
Die liebebedürftige Heulsuse Sissi hatte sie an eine sehr fürsorgliche alte Edelfrau gegeben.
Kurti und Feechen – ein von Natur aus aufgewecktes Geschwisterpärchen – hatte sie einem ebenso fidelen Kinderpaar gereicht.
Betti, unsere Wurfälteste, war Mutter wohl am ähnlichsten. Beim Erlegen von Stubenfliegen war sie uns schon jetzt um einiges voraus, sodass sie sich bereits als ausgemachte Jägerin erwiesen hatte. Kein Wunder, dass Old Lady sie an einen geschäftstüchtigen Müller mit einem von Mäusen geplagten Mahlbetrieb überreichte.
Sogar unser rauflustiges Rabaukenduo – Hubert-Josef und Rolli – kam gemeinsam auf einem weitläufigen Bauernhof in der Nähe unter, um das Gelände von Maulwürfen, Ratten, Mardern und anderem Ungeziefer zu befreien.
Old Lady hatte wahrhaft ein Gespür dafür, ihren Kätzchen ein gutes Heim mit einer passenden Aufgabe auszusuchen. Jedes meiner Geschwisterchen platzierte sie genau dort, wo es gebraucht wurde ... Nur ... Was fing man eigentlich mit einem sprechenden, kleinen Kater an?
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